Ivt | Die italienisch-französische Vision über zukünftige Elektrifizierungsszenarien im Agrarmarkt.
02/12/2020 – International Industrial Vehicle Technology
Vor zwanzig Jahren konnten sich nur wenige vorstellen, dass die heutigen Traktoren (dank Satellitenleitsystem) ohne die Hilfe eines Fahrers arbeiten könnten. Ebenso entfernt schien die Möglichkeit, einen Traktor mit mittelstarker Leistung zu entwickeln, der mit bordeigener elektrische Energie mindestens 10-12 Stunden ununterbrochen arbeiten kann.
Die zunehmende Sensibilität gegenüber Umweltbelangen, Umweltschutzvorschriften und der tatsächliche technologische Fortschritt führen heute zu einer raschen Entwicklung des Elektroantriebs in der Landwirtschaft sowohl in Frankreich als auch in Italien. Wir sprechen darüber mit Benoît Beaumont (BB), CEO von Efa France und Marco Righi (MR), CEO und Gründer von Flash Battery.
BB: Der französische Agrarmarkt bewegt sich sehr schnell in Richtung Elektrifizierung. In der Tat verändert sich die Arbeit der Landwirte und es werden immer wieder neue Werkzeuge benötigt. Darüber hinaus haben die Landwirte mit Umweltproblemen zu kämpfen. Aus diesen Gründen werden Landwirtschaftsmaschinen nach und nach elektrifiziert. Umweltfreundlichkeit, Wartungsfreundlichkeit und Kostenersparnis sind Schlüsselpunkte für neue landwirtschaftliche Werkzeuge.
MR: In zunehmendem Maße investieren Hersteller von Verbrennungsmotoren und Landwirtschaftsmaschinen in die Entwicklung von Elektromotoren, die auf längere Sicht die mit fossilen Brennstoffen betriebenen Motoren ersetzen können. Ich erinnere mich noch daran, dass es in einem Seminar, dessen Schwerpunkt die für AgriTech-Produkte erforderliche technische Weiterentwicklung war, einen wirklichen Bedarf an Wissen und Klarheit über die Elektrifizierung und vor allem über Batterien gab.
BB: Der treibende Sektor ist sicherlich der Bereich autonomer Roboter und autonomer Maschinen, die keinen besonders langen Einsatz erfordern (im Gegensatz zum Mähdrescher beispielsweise).
Wir sehen auch eine starke Entwicklung bei Landwirtschaftsrobotern im Vergleich zu anderen Sektoren. Bauernhöfe werden immer größer und werden von immer weniger Mitarbeitern betrieben, aber die Qualitätsanforderungen sind sehr hoch. Elektrifizierung und Robotik sind zwei starke Antworten auf dieses Problem. Alle großen Traktorenhersteller haben einen selbstfahrenden Traktor-Prototyp. Darüber hinaus arbeiten wir an vielen anderen Projekten, zu denen auch andere Maschinentypen gehören. Sie werden bald zum normalen Marktangebot gehören und Bauern werden Roboter einsetzen, um ihren Alltag flexibler zu gestalten. Diese können rund um die Uhr arbeiten, und wenn die Bedingungen gut sind, können die Bauern dank der Roboter gleichzeitig auf mehreren Äckern tätig werden.
MR: Die internationale Fachmesse EIMA, ein Bezugspunkt für das Europa des Agrarsektors, findet Anfang November statt und es ist kein Zufall, dass Italien den Hauptakteur auf einer der wichtigsten Branchenmessen darstellt. Nicht nur die großen Hersteller, sondern auch kleine und mittelständische Unternehmen widmen sich der „Null-Emission“, indem sie mehrere Maschinen aus ihrem Katalog umrüsten.
Unser Bezugsmarkt unterteilt sich in Industriemaschinen (35 %) und Elektrofahrzeuge (25 %), die restlichen 40 % setzen sich aus lasergesteuerten Fahrzeugen (AGV und LGV) zusammen. Gerade in diesem Bereich, der Batterien aufgrund des schnellen Aufladens und des Betriebs rund um die Uhr besonders stresst, haben wir die 3.000 Ladezyklen überschritten und gehen davon aus, dass sie bis über 4.000 volle Zyklen kommen können.
BB: Maschinen sollten Flexibilität und eine klare Gesamtkostenbeteiligung bieten. Die Landwirtschaft muss immer mehr Menschen vor Ort (insbesondere in Europa) mit immer besserer Qualität ernähren. Dieser Trend führt zu moderneren, flexibleren, autonomen und elektrischen Maschinen.
MR: Die globale Situation verlangt von den Unternehmen, sich verstärkt auf Nachhaltigkeit zu konzentrieren, und die fortschrittlichsten Unternehmen auf dem Agrarmarkt investieren in diese Richtung.
Dieser Sektor ist naturgemäß sehr energiehungrig. Wenn es darum geht, eine Landwirtschaftsmaschine zu elektrifizieren, ist es eines der wichtigsten Punkte, dem Fahrzeug genügend Autonomie und Energie bereitzustellen, und die Lithium-Batterien haben es sicher ermöglicht, Grenzen zu überwinden, die bisher die Weiterentwicklung blockiert haben.
Die Möglichkeit, Batterien mit kundenspezifischen Formen und technischen Spezifikationen herzustellen, trägt wesentlich zur Elektrifizierung bei, da man sich nicht mehr nur auf die einfache Zulieferung beschränkt, sondern Partner wird und das Projekt gemeinsam entwickelt.
BB: Wir arbeiten derzeit an zwei Großprojekten. Eines ist eine Mehrzweck-Raupenmaschine, die andere ein elektrischer Traktor. Letztere Maschine verursacht deutlich geringere Betriebskosten als ein Traktor mit Verbrennungsmotor. Die Maschine ist sehr vielseitig.
MR: Die treibende Kraft Europas ist sehr stark. In den ersten zwei Quartalen dieses Jahres haben wir eine Zunahme der Nachfrage von mehreren europäischen Herstellern aus Frankreich und Holland festgestellt – jedes einzelne Projekt wird anhand der Anforderungen an Leistung, Autonomie und Platz für die Lithium-Batterie analysiert.
Einer der vorrangigen Einsatzbereiche ist der Weinbau. Heute können alle Aufgaben mit vollelektrischen Maschinen erledigt werden, die von der Leichtigkeit von Lithium-Batterien und deren Autonomie profitieren.
Der Tierhaltungssektor nimmt ebenfalls stark zu, insbesondere bei den Futtermischern, die in landwirtschaftlichen Betrieben zum Mischen der für die Viehfütterung verwendeten Futtermittel verwendet werden. Die meisten dieser Anwendungen erfordern eine kundenspezifische Mechanik und benötigen Hochspannungsbatterien.
Eine weitere Nische sind Holzhackanlagen. Immer häufiger werden diese Häcksler von verschiedenen Gemeinden gewählt, die Lithiumbatterien wegen ihres emissions- und lärmfreien Betriebs schätzen.
In der Landwirtschaft werden immer mehr Hybrid- oder vollelektrische Anwendungen in Betracht gezogen, und in naher Zukunft werden wir in ganz Europa immer mehr automatisierte Robotersysteme sehen.
BB: Der französische Markt bietet viele Möglichkeiten. Bei uns gibt es immer noch viele kleine Bauernhöfe. Der Markt fragt nach lokalen, hochwertigen Produkten. Zusammen führt dies zur Entwicklung vieler elektrischen Maschinen. Wir helfen jeden Tag immer mehr Herstellern, ihre Maschinen zu elektrifizieren. Die Elektrifizierung steht nicht mehr zur Debatte, sie muss sein.
MR: Ich stimme dem von Benoît Gesagten voll und ganz zu, dass der Elektrifizierungsprozess bereits in Gang gekommen ist und nicht mehr aufzuhalten ist. Wir erhalten täglich Anfragen aus Bereichen, an die wir zuvor gar nicht gedacht haben. Die Batterien haben in den letzten Jahren einen großen Sprung nach vorne gemacht und die Voraussetzungen geschaffen, um auch die ungewöhnlichsten Anwendungen elektrifizieren zu können.